"Männer und Frauen sind gleichberechtigt." - warum heute noch darüber reden?

Artikel: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt." - warum heute noch darüber reden?

75 Jahre Grundgesetz - warum das auch für uns Frauen ein wichtiges Datum ist!

Basis für alles, was wir heute zum Thema Gleichberechtigung von Männern und Frauen diskutieren, beginnt mit dem lapidaren Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ – der seit 75 Jahren im Grundgesetz steht. 

Diesen einfachen Satz verdanken wir dem Durchhaltevermögen der engagierten Juristin Dr. Elisabeth Selbert, die 1949 im Parlamentarischen Rat für seine Aufnahme ins Grundgesetz kämpfte. Und leicht war das nicht, dass können Frauen auch heute noch gut nachempfinden. Im 65-köpfigen Gremium zur Erarbeitung eines Grundgesetzes waren nur vier Frauen, die sich zunächst nicht einig war waren. Von den Männern belächelt, musste Elisabeth Selbert zunächst die anderen Frauen überzeugen und danach für Mehrheiten sorgen. Dies gelang erst nach drei erfolglosen Abstimmungen und eine - heute würde man sagen – Kommunikationskampagne. Die Frauen mussten aufgerüttelt werden, sich aktiv für ihre Interessen einzusetzen. Erst bei der vierten Abstimmung am 18. Januar 1949 wurde der Satz immerhin einstimmig angenommen und im Grundgesetz, also verfassungsrechtlich, verankert.

Bis dahin galt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) von 1896 als gesetzliche Basis für ein patriarchalisches Ehe- und Familienmodell. Aus dem neuen Grundgesetz folgte, dass andere noch gültige Gesetze, u.a. das BGB angepasst werden müssen. Genau das hat die vorausschauende, fachkundige Juristin Elisabeth Selbert angestrebt. Nach dem veralteten BGB galt, dass Frauen mit der Heirat nicht nur ihren Namen aufgeben mussten, sondern auch ohne Zustimmung ihres Mannes weder arbeiten noch Verträge schließen oder ein Konto eröffnen konnten. Gleichzeitig wurde der Gesetzgeber verpflichtet, das BGB bis 1953 anzupassen. Jedoch erst 1958 trat das „Gleichberechtigungsgesetz“ in Kraft – noch lange nicht perfekt, aber ein weiterer Schritt.

In der Verfassung der DDR von 1949 stand im Artikel 7 „Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben". Damit war auch das BGB nicht mehr gültig. Gleichberechtigung wurde in der DDR schneller alltäglicher, wenn auch in etlichen Punkten wie gleiche Bezahlung, Aufstieg in Führungspositionen nicht selbstverständlich.

Zitat Dr. Elisabeth Selbert: „Es ist ein grundlegender Irrtum bei Gleichberechtigung von der Gleichheit auszugehen. Die Gleichberechtigung baut auf der Gleichwertigkeit auf, die die Andersartigkeit anerkennt.“

Quellen: 75 Jahre Grundgesetz - Gleichberechtigung im Grundgesetz und Spiegel 2019 (70 Jahre GG) zu Elisabeth Selbert: https://www.spiegel.de/geschichte/grundgesetz-wie-elisabeth-selbert-die-gleichberechtigung-verankerte-a-1268319.html und https://www.hdg.de/lemo/biografie/elisabeth-selbert.html