Artikel: Female ICE: „Wir fahren bis zur Gleichstellung“
Was hinter der Idee des Zuges steckt, der am 6. März quer durch Deutschland fährt, erklären Anna Pfund (Leiterin Projektrealisierung Oberbau München, DB InfraGO), Stefanie Berk (Vorständin Marketing und Vertrieb bei DB Fernverkehr & Schirmfrau des Female ICE) und Christiane Eisenreich (Lean Managerin, DB InfraGO) vom Netzwerk „Frauen bei der Bahn“.
Die Idee zum Female ICE kam ursprünglich von einem „All-Female-Flight“ der Delta Airlines in den USA, um mehr Mädchen für technische Berufe zu begeistern. Ist das auch euer Anliegen?
Stefanie Berk: In der Tat! In Flugzeugen war es früher ungewöhnlich, wenn eine Pilotin die Durchsage gemacht hat. Heutzutage reagiert da kaum mehr jemand drauf, weil es so normal geworden ist. Das wünschen wir uns für unsere Züge auch, dass Triebfahrzeugführerinnen und Zugchefinnen ganz normal sind.
Christiane Eisenreich: Rechtlich haben wir in Deutschland zwar eine Gleichstellung von Frau und Mann, aber wenn man hinter die Kulissen vieler Unternehmen guckt, ist die Realität oft noch eine andere. Häufig halten uns schon klischeehafte Erziehungsstile davon ab, in eine „Männerdomäne“ einzusteigen. Wir brauchen Vorbilder, die uns zeigen „Traut euch! Wenn ihr das wollt, dann könnt ihr das auch.“ Und genau die haben wir morgen mit dabei.
Was bedeutet das Motto der diesjährigen Fahrt, „Wir fahren bis zur Gleichstellung“, für euch?
Berk: Ich bin in den 1980er Jahren zur Schule gegangen und für mich war das Thema Gleichberechtigung eigentlich damals schon erledigt. Ichdachte, jetzt kommen die ersten Frauen in Führungspositionen und „Männerberufe“ und dann geht das ganz schnell. Schließlich ist auch der Anteil von Männern und Frauen in der Bevölkerung in etwa gleich. Doch auch heute sind wir von 50 zu 50 noch weit entfernt, die gesellschaftliche Entwicklung dauert immer noch an. Hier sind auch die Firmen gefragt, siemüssen die Voraussetzungen schaffen, dass Frauen in allen Berufsbildern gleichermaßen beteiligt werden. Dafür brauchen wir diese Veranstaltungen mit Symbolkraft.
Anna Pfund: Ich bin Bauingenieurin und oft die einzige Frau unter lauter Männern. Mein Anliegen ist es, Frauen und Mädchen die Angst zu nehmen und sie für technische und MINT-Berufe zu begeistern. So ein Event hat eine Leuchtturm-Funktion und zeigt anderen Frauen, dass sie das auch können. Wir Frauen von der DB wollen hier beispielhalft vorangehen und mit dem Motto „Wir fahren bis zur Gleichstellung“ unterstreichen wir das nochmal.
Wer kann alles beim Female ICE mitfahren bzw. mitarbeiten?
Pfund: Für die Mitfahrerinnen haben wir ein offenes Auswahlverfahren gestartet, jede Mitarbeiterin der DB konnte sich bewerben. Einzige Voraussetzung: Sie muss Mitglied im Frauennetzwerk sein.
Eisenreich: Ergänzend zu den Mitfahrerinnen haben wir eine Reihe an internen und externen Role Models (Vorbilder) angefragt, die zu ganzunterschiedlichen Themen Expertinnen sind und Vorträge halten.
Welche Programmpunkte wird es am 6. März rund um den Female ICE geben?
Pfund: Es gibt ein Eröffnungsevent am Berliner Hauptbahnhof, bei dem auch Martin Seiler, Daniela Gerd tom Markotten und Sigrid Nikutta dabei sind. Im Zug wird es dann um Karriereplanung, Frauen in MINT-Berufen und Diversity in verschiedenen Aspekten gehen. Dazu gibt es die Möglichkeit zum Netzwerken.
Eisenreich: Auch aus der Bundespolitik konnten wir hochrangige Vertreterinnen für den Female ICE begeistern: Bundesfamilienministerin Lisa Paus hält eine Key Note in Berlin. Corinna Salander, Ministerialdirektorin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, wird im Female ICE mitfahren.
Berk: Nach dem Abschlussevent in Frankfurt (Main) fahren wir mit dem Female Bus ins Instandhaltungswerk Griesheim und bilden so eine durchgehende Reisekette ab. Und auch hier geht es um Sichtbarkeit: in der Instandhaltung liegt der Frauenanteil bisher in der Regel bei nur fünf Prozent.
Der erste Female ICE startete 2022. Wird es auch im kommenden Jahr einen Female ICE geben?
Eisenreich: Ob es noch mal einen Female ICE geben wird oder ob uns etwas anderes einfällt, werden wir sehen. Jetzt freuen wir uns erstmal auf morgen und hoffen auf möglichst viel Sichtbarkeit außerhalb, aber auch innerhalb des Konzerns.